ARTHUR MORRISON: AUSGEWÄHLTE WERKE. HERAUSGEGEBEN VON REINHARD HILLICH
Als Bürogehilfe verfasste Morrison kurze Prosaskizzen und Gedichte. Seine erste literarische Veröffentlichung war wohl ein humoristisches Poem, das 1880 in der Fahrradzeitschrift Cycle erschien. Seine erste Buchveröffentlichung war eine Sammlung von spiritistischen Geschichten (Shadows around us, 1891). Sein Durchbruch als Schriftsteller wurde durch den Umstand begünstigt, dass Arthur Conan Doyle 1894 plötzlich seine berühmte Sherlock-Holmes-Serie beendete (bzw., wie sich später herausstellte, für mehrere Jahre unterbrach). Verlage und Magazine suchten damals händeringend nach den sehr beliebten Detektivgeschichten, und diese Chance nutzten so manche Debütanten – auch Arthur Morrison. Seine eigentliche Berufung aber sah er, ähnlich wie Conan Doyle, nicht auf dem Gebiet der Kriminalliteratur.
Kurz vor seinen ersten Detektivgeschichten hatte er einen Erzählungsband mit dem bezeichnenden Titel Tales of Mean Streets (1894) publiziert. Die Literaturkritiker reagierten ganz unterschiedlich. Während einige ihm literarische Qualität bescheinigten, sprachen andere von „Sensationalismus“ und maßloser Übertreibung und bezweifelten, dass solche Elendsquartiere mit einem derartigen Ausmaß von Armut, menschlicher Verrohung und Gesetzlosigkeit überhaupt in London existierten. Morrison wusste es besser und entgegnete, die wirklichen Verhältnisse seien sogar noch schlimmer.
1896 erschien der noch drastischere Roman A Child of the Jago, der ebebenfalls in die Kritik geriet, ihm aber letzlich Anerkennung als ‚seriöser‘ Autor einbrachte und heute als Klassiker der Slum-Literatur gilt. Zusammen mit To London Town (1899) und Tales of Mean Steet bildet er eine beeindruckende Trilogie über das Leben im Londoner East End jener Zeit.